Vorweggenommene Erbfolge: Steueroptimierung durch Vorbehaltsnießbrauch
Häufig besteht in Familien die Absicht, Vermögen zu Lebzeiten auf die nachfolgende Generation zu übertragen und gleichzeitig die Übertragenden (z. B. Eltern) wirtschaftlich abzusichern, etwa durch Vereinbarung eines Nutzungsrechts, wonach den Eltern weiterhin die Erträge des übertragenen Vermögens zustehen. Erbschaftsteuerlich mindert das Nutzungsrecht die Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer; Freibeträge können so ggf. mehrfach genutzt werden, wenn vorweggenommene Erbfolge (Schenkung) und Erbfall länger als 10 Jahre auseinanderliegen.
Beispiel:
Mutter M (65 Jahre) überträgt eine seit 12 Jahren in ihrem Eigentum befindliche vermietete Immobilie auf ihren Sohn. M behält sich ein lebenslanges Nutzungsrecht an dem Gebäude vor. Nach den Vereinbarungen stehen M weiterhin die laufenden Mieten aus dem Objekt zu.
Maßgeblicher Steuerwert Gebäude 1.000.000 €
Der Jahreswert der Nutzung ist niedriger als die Mieteinkünfte
und beträgt gemäß § 16 BewG 54.000 €.
Kapitalwert der lebenslänglichen Nutzung ./. 680.000 €
Schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage 320.000 €
Persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) 400.000 €
Steuer 0 €
Ohne Vereinbarung eines Nießbrauchs: (1.000.000 € ./. 400.000 €) × 15 % 90.000 €
Bei dieser Gestaltung steigt der Kapitalwert des Nutzungsrechts und somit auch der schenkungsteuerliche Vorteil, je jünger der Übertragende ist.
Verstirbt der Nutzungsberechtigte und erlischt somit der Nießbrauch, führt dies zu keiner (nachträglichen) Steuerkorrektur; die bei Vereinbarung des Nießbrauchs vorgenommene Minderung der Steuer durch das Nutzungsrecht bleibt regelmäßig erhalten.
Einkommensteuerlich ist darauf hinzuweisen, dass sich durch die (weitere) Zurechnung der Mieteinkünfte bei den Eltern Vorteile ergeben können, wenn der persönliche Einkommensteuersatz der Eltern niedriger ist als der Steuersatz der Kinder.
Quelle: Informationsbrief für Steuerberater, Ausgabe April 2018, ERICH FLEISCHER VERLAG GmbH & Co KG