Vorlage an das Bundesverfassungsgericht: Abgeltungsteuer verfassungswidrig?

Private Kapitalerträge werden regelmäßig – statt dem persönlichen Einkommensteuersatz – einem geson­derten Steuertarif von 25 % unterworfen. Die Besteuerung wird durch Abzug „an der Quelle“ (z. B. durch Banken, Finanzdienstleister oder Kapitalgesellschaften) vorgenommen und hat Abgeltungswirkung. Das be­deutet, dass private Kapitalerträge in der Regel nicht in der Einkommensteuer-Erklärung angegeben werden müssen und somit eine endgültige Belastung dieser Erträge eintritt.

Das Finanzgericht Niedersachsen ist der Auffassung, dass die Abgeltungsteuerregelung gegen verfassungs­rechtliche Grundsätze (wie die Gleichbehandlung aller Einkunftsarten sowie die gleichmäßige Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit) verstoße und daher verfassungswidrig sei. Das Gericht begrün­det dies mit der Ungleichbehandlung von Beziehern privater Kapitalerträge, die mit einem Sonder­steuersatz von (höchstens) 25 % belastet werden und den übrigen Steuerpflichtigen, die mit ihren Einkünften dem (persönlichen) Steuersatz von bis zu 45 % unterliegen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bleibt abzuwarten.


Quelle: Informationsbrief für Steuerberater, Ausgabe Juli 2022, ERICH FLEISCHER VERLAG GmbH & Co KG