Nachträgliche Anschaffungskosten bei Anteilen an Kapitalgesellschaften
Bei Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH) im Privatvermögen ist der Gewinn nur in Höhe von 60 % steuerpflichtig, wenn die Beteiligungsquote innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens 1 % betragen hat (§ 17 EStG). Entsprechend können Veräußerungsverluste (auch bei Auflösung der Gesellschaft) zu 60 % mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden.
Bei anderem Kapitalvermögen sind Veräußerungsgewinne und -verluste dagegen in vollem Umfang steuerlich wirksam (§ 20 Abs. 2 EStG); Verluste – z. B. bei Ausfall eines Darlehens – können allerdings nur mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Insbesondere bei Insolvenz einer GmbH ist es daher steuerlich bedeutsam, ob der Verlust eines Darlehens an die „eigene“ GmbH als – nur beschränkt ausgleichsfähiger – Verlust aus Kapitalvermögen zu beurteilen ist oder das verlorene Gesellschafterdarlehen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung angesehen wird und damit den Auflösungsverlust der GmbH-Beteiligung erhöhen würde; dieser wäre zwar nur mit 60 % zu berücksichtigen, aber mit anderen positiven Einkünften verrechenbar.
Nach drei Urteilen des Bundesfinanzhofs hat die Finanzverwaltung ihre Auffassung nun angepasst. Danach führt der Verlust eines Darlehens des Gesellschafters z. B. aufgrund von Insolvenz der GmbH grundsätzlich nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung. Der Darlehensverlust wäre also als Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften anzusehen und könnte hier aber nur mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.28
Für eine Übergangszeit wendet die Finanzverwaltung allerdings eine besondere Regelung an. Bei bisher als eigenkapitalersetzend angesehenen Darlehen, die bis zum 27. September 2017 gewährt wurden, kann ein Darlehensverlust auch als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung behandelt werden.
Im Übrigen liegen nachträgliche Anschaffungskosten nur vor bei Aufwendungen, die sich handels- und bilanzsteuerrechtlich als offene oder verdeckte Einlagen darstellen. Dies sind z. B. Nachschüsse (§§ 26 ff. GmbHG), Einzahlungen in eine Kapitalrücklage, Barzuschüsse oder der Verzicht auf eine noch werthaltige Forderung.
Quelle: Informationsbrief für Steuerberater, Ausgabe Juni 2019, ERICH FLEISCHER VERLAG GmbH & Co KG