Erbschaftsteuerbefreiung des „Familienheims“ bei Selbstnutzung

Das Erbschaftsteuergesetz stellt den Erwerb von Todes wegen einer vom Erblasser selbstgenutzten Immobilie (sog. Familienheim) durch die Kinder steuerfrei. Voraussetzung hierfür ist, dass der Erblasser das Objekt bis zum Erbfall zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert war. Der Erwerber (z.B. ein Kind) muss das Objekt unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken nutzen und die Selbstnutzung des Familienheims mindestens 10 Jahre lang aufrechterhalten.
Unverzüglich ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedenfalls ein Zeitraum von 6 Monaten
nach dem Erbfall. Bei Aufnahme der Selbstnutzung des Objekts nach Ablauf von 6 Monaten muss der
Erwerber in diesem Fall darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung
der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass bei einer zeitlichen
Verzögerung des Einzugs aufgrund von Renovierungsarbeiten, die der Kläger nachweislich umgehend nach Eintritt des Erbfalls in Auftrag gegeben hat, die aber wegen der hohen Auftragslage der beauftragten Handwerker und schlechter Witterungsbedingungen nicht rechtzeitig ausgeführt werden konnten, die Steuerbefreiung trotz Überschreitens des 6-Monats-Zeitraums nicht gefährdet ist.
Das Finanzgericht München hat entschieden, dass die Steuerbefreiung auch in Betracht kommt, wenn eine pflegebedürftige Erblasserin ihre Wohnung wegen ihres dauerhaften Aufenthalts in einem Pflegeheim für einen festen Zeitraum von 4 Jahren vermietet hatte. In diesem Fall konnte der Erbe mangels Möglichkeit zur Kündigung des zeitlich befristeten Mietvertrags nicht innerhalb von 6 Monaten, sondern erst nach über 2 Jahren nach dem Erbfall in die Wohnung einziehen.
Steuerpflichtige Erben sollten darauf achten, die Beauftragung von Handwerkern oder anderer Maßnahmen, die die Umsetzung der Absicht zur Selbstnutzung belegen können, frühzeitig in die Wege zu leiten und entsprechend zu dokumentieren.


Quelle: Informationsbrief für Steuerberater, Ausgabe Oktober 2023, ERICH FLEISCHER VERLAG GmbH & Co KG